Programm 2016
Arztsein inmitten modernster Medizin
Braucht es noch unser Arztsein in einer versachlichten, auf das Objekt „Krankheit“ bezogenen Medizin? Welche Rolle spielt noch – oder möglicherweise wieder – der Arzt in seinem Menschsein?
Jede gelingende Arzt-Patienten-Beziehung gründet sich auf eine heilsame ärztliche Persönlichkeit. Eine Persönlichkeit, in der Arztsein als Teil einer grundlegenden Verbundenheit mit den Patienten verstanden wird. Eine Persönlichkeit, in der sich Ärztinnen und Ärzte ihrer eigenen Wirksamkeit bewusst sind. Eine Persönlichkeit, die sich in die Situationen ihrer Patienten hineinversetzen und echt mitfühlend sein kann. Eine Persönlichkeit, die die Sprache der Liebe spricht – Liebe als das Fundament heilsamen Arztseins. Eine Persönlichkeit, die das Wort „Liebe“ in der Medizin nicht mehr diskreditiert und sich schamvoll bedeckt hält, sondern die mit Scham erkennt, dass unsere materiell orientierte Medizin Liebe als unwissenschaftlich aus ihrer Kunst verbannt hat.
Die Entwicklung der ärztlichen Persönlichkeit steht nach wie vor nicht als Ausbildungsziel in der Approbationsordnung. Persönlichkeit lässt sich nicht intellektuell, akademisch „lernen“. Sie setzt eine gelebte Verbindung von Kopf und Herz voraus – eine Verbindung, die als ein tiefes Verständnis von Arztsein in Fleisch und Blut übergeht.